Marburger Studierende beklagen massive Überfüllungen und dutzende zurückgelassene Fahrgäste
Das AStA-Verkehrsreferat hat in den letzten beiden Wochen Studierende per Rundmail dazu aufgerufen, dem Referat E-Mails zu schicken, falls Sie momentan Probleme mit überfüllten Stadtbussen haben. Grund für diese Aktion waren die vielen Beschwerdemails von Studierendenseite, die den AStA in letzter Zeit erreicht haben sowie persönliche Beobachtungen der beiden Referent/innen. Das Verkehrsreferat hat jetzt die vielen eingegangenen E-Mails, systematisch ausgewertet und zeigt sich sehr erschrocken über das Ergebnis: „Die vielen Rückmeldungen, die bei uns eingingen, zeichnen ein noch schlimmeres Bild der Situation, als wir es erwartet haben“, bekennt AStA-Verkehrsreferent Lukas Ramsaier. So gibt es dutzende Verbindungen, bei denen Studierende nicht nur vereinzelt, sondern täglich an den Haltestellen zurückgelassen werden müssen, weil die Stadtbusse völlig überfüllt sind.
„Studierende berichteten uns von häufigeren Situationen, in denen sie entweder viel zu spät zu Veranstaltungen kommen, oder gar ein Taxi rufen mussten, um nicht negative Konsequenzen ihres Zuspätkommens bei den DozentInnen fürchten zu müssen“, berichtet AStA-Verkehrsreferentin Tina Stoll. „Es kann nicht angehen, dass Studierende, die sich kein alternatives Verkehrsmittel leisten können, Probleme haben ihre Pflichtveranstaltungen zu besuchen“, so Stoll weiter.
Als extremes Sorgenkind, stellt sich momentan für die Studierenden insbesondere die Linie 9 dar. Diese von der Elisabethkirche auf die Lahnberge führenden Linie hat mittlerweile absolut ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Insbesondere auf den morgendlichen Verbindungen zwischen 7 und 10 Uhr müssen täglich dutzende Leute stehen gelassen werden, teils schon ab der zweiten Haltestelle (Parkhaus Oberstadt), spätestens aber ab dem Erlenring. „Studierende, die im Bereich der Zahlbach wohnen, haben kaum Chancen überhaupt in irgendeinen Bus zu steigen, da die überfüllten Busse notgedrungen einfach ohne Halt durchfahren“. Genauso schlimm steht es auch um die Verbindungen der Linie 9, die zwischen 16 und 18 Uhr wieder talabwärts fahren. „Studierende müssen teils mehrere Busse abwarten, bis sie mal mit irgendeinem Bus stadtabwärts fahren können, um dann so eng gequetscht im Bus zu stehen, das weder an das Festhalten, noch an irgendeine Art Mindestabstand zu fremden Person zu denken ist“, kritisiert Tina Stoll.
Zudem gibt es auch massive Überfüllungsprobleme auf anderen Linien, insbesondere auf den Linien 2, 5 und 7. „Hier ist auf gewisse Wohnraumentwicklungen, in keinerlei Weise ÖPNV-technisch reagiert worden“, bilanziert Lukas Ramsaier. So seien beispielsweise viele neue Studentenwohnungen auf dem Stadtwald errichtet worden, ohne dass die Kapazität der Linie 5 in irgendeiner Weise daran angepasst worden wäre. Gleichermaßen verhält es sich auch auf der Linie 2 auf die Lahnberge: „Durch die vielen neuen Studentenwohnungen in der Neuen Kassler Straße, die Durchbindung der Linie 2 auf den Richtsberg sowie der Einführung des Landestickets für Unibedienstete hat man hier ein stark erhöhtes Fahrgastaufkommen, auf das kaum reagiert wurde. Im Gegenteil: Im Vergleich zur früheren Ringlinie 7, gibt es auf dem Abschnitt Hauptbahnhof bis Lahnberge sogar oftmals nur noch ein 30-minütiges Angebot“, meint AStA-Verkehrsreferent Lukas Ramsaier.
„Es muss dringend etwas passieren. Dabei reicht es nicht, sich hinter Projekten wie den Oberleitungsbussen zu verstecken, die erst in einigen Jahren realisiert werden können, sondern es müssen unmittelbar wirksame Lösungen geschaffen werden“, so Ramsaier. Insbesondere bei den Verbindungen auf die Lahnberge, denn in den nächsten Jahren stünden weitere Entwicklungen, wie der Umzug des Anatomischen Instituts auf die Lahnberge, an, die die Bussituation noch weiter verschärfen werden.
Deshalb stellt der AStA folgende Forderungen an die Stadtpolitik und die Stadtwerke, bzw. unterbreitet folgende Lösungsvorschläge:
- Die stark nachgefragten Verbindungen auf der Linie 9 müssen kurzfristig mit zwei parallelen Bussen bedient werden; mittelfristig (wenn technisch möglich) ganztägig mit Gelenkbussen.
- Alternativ: Einen durchgehenden 10-Minuten-Takt auf der Linie 9 (zu den Stoßzeiten).
- Mittel – oder langfristig macht der AStA den Vorschlag, die Linie 9 als Ringlinie (E-Kirche-Erlenring-Lahnberge-Hbf-E-Kirche) zu führen, damit die Studierenden zwischen Innenstadt und Lahnberge in zwei Richtungen abgefertigt werden können. Dies würde auch zur Entlastung der Linie 2 beitragen und gleichermaßen für Studierende aus dem Studentendorf wieder mehr Verbindungen auf die Lahnberge ermöglichen.
- Mittelfristig muss die Stadt in Marbach einen Buswendekreis errichten, damit die Linie 5 mit Gelenkbussen betrieben werden kann. Dies käme den Studierenden vom Stadtwald, aus Ockershausen und Marbach sehr entgegen, die sehr unter den überfüllten Bussen – insbesondere zu den Uni-Stoßzeiten – leiden. Genauso wie der restlichen Bevölkerung, denn gerade Bewohner/innen aus dem Stadtwald oder von den Altersheimen entlang der Ockershäuser Allee sind auf diese Verbindung seh angewiesen“.
- Langfristig den Schulbusverkehr (z.B. in Cappel, Wehrda oder Ockershausen) klar von den Studierendenströmen zu den Uni-Veranstaltungen um 8.00 Uhr zu trennen. Momentan verkehren diese beiden Nutzer/innen-Gruppen oft parallel zueinander in denselben Bussen und sorgen so für teils dramatische Überfüllungen.
- Kurzfristig: Einen durchgehenden 15-Minuten-Takt zwischen 8 und 20 Uhr vom Hauptbahnhof auf die Lahnberge (Linie 2), insbesondere zur Entlastung der Linie 9
- Die Aufrüstung des Busfuhrparks der Stadtwerke - mit finanzieller Unterstützung der Stadt, insbesondere um weitere Gelenk- und Anhängerbusse.
- Zukünftig muss ein engerer Austausch zwischen Stadtwerken, Stadt, Uni, Studentenwerk und AStA erfolgen, damit alle aktuellen Entwicklungen ausgetauscht werden können (wie z.B. Zuwächse von Studierendenzahlen, Wohnheim-Neubaupläne etc.), um in die Fahrplanplanung miteinzufließen.
Wichtig ist es dem AStA-Verkehrsreferat aber noch final zu betonen, dass es im engen Austausch mit den Stadtwerken über die momentane Überfüllungsproblematik steht und die Stadtwerke auch Zugriff auf die vom AStA gesammelten Ergebnisse bekommen haben. „Deshalb ist es uns wichtig, dass unser Aufruf primär als ein Weckruf an die Stadtpolitik verstanden wird, den Stadtbusverkehr mit umfassenderen finanziellen Mitteln auszustatten und so schnell wie möglich auszubauen bzw. die Stadtwerke im Umgang mit der Problematik zu unterstützen“, so Lukas Ramsaier abschließend.