Jetzt wo das neue Semester beginnt und die Hörsäle sich wieder füllen, bahnt sich ein neues, (aber altbekanntes), Problem für die Studierenden an: Viele Erstsemester finden keine Wohnung. Aufgrund der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt in den hessischen Universitätsstädten und der begrenzten Wohnheimplätze der Studierendenwerke haben viele neu Zugezogene große Schwierigkeiten eine Unterkunft zu finden. Studierende berichten uns von haarsträubenden Bedingungen, unter denen sie derzeit leben müssen, wobei ein Wohnen auf dem Campingplatz für bis zu 50€ pro Nacht noch zu den harmloseren Situationen gehört. Ein solcher Zustand ist absolut inakzeptabel.
Das Problem der studentischen Wohnungsnot und der häufig mehr als prekären Situation vieler Studierender wird von Ihnen in den letztendlich getroffenen politischen Entscheidungen seit Jahren ignoriert, die Studierendenwerke sind nicht ausreichend finanziert und die Bildung nach wie vor als nicht „systemrelevant“ abgetan.
Diese Vernachlässigung der Studierenden und ihrer Einrichtungen rächt sich nun, aber die Kosten dafür zahlen die Studierenden. Bereits 2019 lebte knapp ein Drittel der Studierenden in Deutschland an oder unter der Armutsgrenze, wie eine Erhebung des paritätischen Wohlfahrtsverbandes feststellte. Die Lage hat sich durch Pandemie, Lockdown und Inflation nun weiter verschärft. Viele Studierende stehen vor dem Nichts: Sie haben weder eine Unterkunft, noch finden sie eine Arbeit – sich auf das Studium zu konzentrieren ist so nicht möglich.
Die hessischen Asten äußerten sich bereits im Sommer öffentlich sehr deutlich zu der Lage an den Universitäten, wurden dabei aber von Ihnen, den Verantwortlichen, überhört oder mit mitfühlenden Worten vertröstet. Was wir brauchen sind allerdings Lösungen. Lösungen dafür, dass Bildungsgerechtigkeit nicht weiterhin nur eine Floskel bleibt, die sich dann durch die nicht-universitären Bedingungen verabschiedet. Die explodierenden Mietpreise können sich vor allem finanziell benachteiligte Studierende nicht leisten, meistens kommen wir aus sogenannten 'bildungsfernen' Haushalten.
Die Studierendenwerke, deren öffentliche Aufgabe in der „...wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Förderung der Studierenden an deutschen Hochschulen“ liegt können aufgrund der jahrelangen, finanziellen Vernachlässigung ihren Aufgaben nicht mehr gerecht werden. Dies zeigt sich nun mehr als deutlich an den langen Wartelisten für Wohnheimplätze, den steigenden Mensa- und Wohnheimkosten und der weiter steigenden Armut unter Studierenden. In Zeiten der Preissteigerung müsste es den Studierendenwerken aber möglich sein noch vergünstigteres Essen anzubieten und Wohnen möglich zu machen, ohne die Studierenden mit der Preissteigerung zu belasten.
Wir fordern die Landesregierung daher auf, endlich ihrer Verantwortung gegenüber den akademischen Einrichtungen wahrzunehmen und umgehend zu reagieren:
- Es müssen Wohnheimplätze in den Universitätsstädten in ausreichender Anzahl errichtet werden. Dies muss in enger Absprache mit den Studierendenwerken und den hessischen Studierendenschaften geschehen, damit bedarfsgerecht und nicht an Prestige orientiert gebaut wird.
- Stellung einer adäquaten und am Bedarf orientierten Anzahl an Notunterkünften für die Zukunft , damit eine Situation wie jetzt nicht wieder vorkommen kann.
- Einrichtung eines Fonds , zur Entschädigung Studierender für die, aufgrund der verfehlten Politik, entstandenen, individuellen Kosten.Diese müssen unbürokratisch und schnell zur Verfügung gestellt werden.
- Aussetzung des Semesterbeitrags und Erstattung der dadurch für die Universitäten und Studierendenwerke entstehenden Kosten durch das Land Hessen
Wir fordern zudem die Oberbürgermeister*innen und Stadtparlamente auf, sich sofort um die neuen Einwohner*innen ihrer Städte zu kümmern, die derzeit keine Unterkunft in ihrer Wahlheimat haben. Hier darf sich das Land ebenfalls verantwortlich fühlen und finanziell und organisatorisch unterstützen. Konkret bedeutet dies, dass
- seitens der Städte unverzüglich Notunterkünfte für die wohnungslosen Studierenden zur Verfügung gestellt werden. Diese müssen den Bedürfnissen der Studierenden entsprechen und kostenlos sein.
- In Abstimmung mit der Studierendenschaft und den Studierendenwerken eine Wohnungspolitik zu verfolgen ist, die bezahlbaren und angemessenen Wohnraum vor Allem aber nicht nur für Studierende in ihrer Stadt schafft.
Wir wissen, dass in Zeiten der Austerität, welche nur für bestimmte Sektoren gilt, kein Geld für Bildung, Studierende oder soziale Aspekte da zu sein scheint. Zeigen Sie uns, dass wir damit falsch liegen und schieben die Verantwortung für die aktuelle Situation sich nicht gegenseitig zu. Arbeiten wir zusammen!
Damit die desolate Lage der Studierenden Beachtung findet, denn Wohnungsnot wird sich gesamtgesellschaftlich verschärfen - Deshalb appellieren wir inständig an Sie: Nehmen Sie uns als Studierende und unsere Probleme endlich ernst!